ZEN - BLOG

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Montag, 10. August 2009

LEIDENSCHAFT

Schmerzlich

Rief aus Liebe
Rief aus Leid
Echolos - wird beides eins

1987 berlin, weißensee-matratzengruft
autorin: johanna zentgraf




Schicksal - Schlag

Schutzlos - als Pech niederging
Schwarz gerahmt sind Gesicht und Höhlen der Lust
gesenkte Lider schützen nicht
Pupillen kehren sich inwendig - f ü r c h t e n d

Frei - im Sonnenlicht grell
golden glänzt nichts auf in Einsamkeit tief getauchtem Haar
doch Schleier verglühen vorm Auge
Irrglanz funkelt Spiegelung - s u c h e n d

Innen - die Glut lodert
sengt geschürt den widerstandslos geläuterten Verstand
Sinnliche Tore öffnen sich erneut
vor Durst nach lieber Gestalt - z ö g e r n d

Weiter - für Leidenswege bereit
wissender unvernünftig - nicht mehr unbewußt ins Tal
Vielfaltssehnsüchtig nach eigener Wahl
Selbstverantwortlich immer fort - h a n d e l n d
hin zum Verzicht - i r g e n d w a n n?

1987 berlin, weißensee-matratzengruft
autorin: johanna zentgraf

HINTER DER MAUER oder DAVOR

Lied eines Gelegenheitsfliegers

Wieder ziehen Zugvögel an erdehnter Leine
Wie - Durch klirrende Nacht
Unbeirrbar
Glühend vor Sehnsucht und Glaube
glimmend zu landen
Wählen die Flugbahn
zwischen Traum und Wirklichkeit

Oh, unwiderruflich - Ein Beweis des Seins
Wider gesellschaftlicher Entmündigung
Beschreiten
den Erschwerten, erlebnisreichen Weg
zur Selbstfindung
Verstoßen aus dem engen Nest

Vereinzelt folgen
Phantasien, Schreie, Tränen,
Steine
und gelegentlich ein ausgemergelt Federvieh
Es mahnt:
Vieldeutiger Fingerzeig
Das Schweigen
und der verfangenen Klagesang

1985-11-15 gotha
autorin: johanna zentgraf





Entfernungsüberwindung
gleich oder ungleich
vertane Zeit


Zugverspätung - Anschluß verpasst ...

Unplanmäßig streift der Blick
durch die Stadt der Dekorationen und Lichter
Bevor der zweitmögliche Versuch,
die große "Zerrissene" zu erreichen, beginnt

Rhythmisches Rattern unterstreicht
die monotone Stimmlosigkeit im Abteil
Nur Augen sprechen:
von Unansprechbarkeit
und individuellem Requiem

Mein Wille:
Nichts zu versäumen und nicht verloren zu gehen
ringt mit der Müdigkeit

Ruhe
nach oder vor Stürmen
strahlen die Fremden, nicht Unbekannten,
unwiederbringlich zusammengewürfelten Mitreisenden aus

Nach mir selbst suchend
sehe ich
-Den jungen Mann bewegungslos in die Tiefe der Dunkelheit starren
-Die Frau, ihm gegenüber,
krampft wohlgeordnet in der Ecke - gleichsam die Sittsamkeit verkündend
-Das langhaarige Mädchen, in gefärbter Kleidung,
liegt friedlich ausgestreckt auf einer Zweierbank.
Ein kleines Plüschtier in ihrer Hand wacht über ihre Unschuld
Ihr Dach ist noch das Himmelszelt

Ich verliere mich in mir und bin

Bestimmte Zeit vergeht
Beim Quietschen erst wird Schweigen zu Bewegung
Am Ziele lernen Bilder laufen
Zufälligkeiten zerfallen in Neue
Gedanken müssen zurück in Körperhaft
Ureigenster Rhythmus bestimmt jedermanns Fortgang

1985-11-27
zugfahrt von gotha nach berlin
autorin: johanna zentgraf